Ein Jahr danach: SR G. Ewald (SP) im Gespräch
Das SFDW bat Mitglieder der drei im Gemeinderat (GR) vertretenen Parteien vors Mikrophon für eine Standortbestimmung.
SR Ewald (SPÖ) spricht über personelle Veränderungen in der Partei nach der Wahlniederlage, Schwierigkeiten in Ausschüssen und die Verkehrssituation von DW. Das Gespräch führte R. Sieberth.
Die Wahlniederlage, Neuanfang in der Partei
rs: Hr. SR Ewald, herzlichen Dank, das sie sich Zeit nehmen für ein Interview.
Die GR Wahl im vorigen Jahr hat größere Veränderungen mit sich gebracht. Wo steht für Sie die SPÖ DW heute, welche Funktion hat Ihre Partei?
SR G.E.: Die SPÖ DW ist momentan in einem großen Umbruch, die SPÖ DW hat nicht nur die Wahlen verloren, sie hat den Bürgermeister verloren, den Vizebürgermeister verloren, wir haben sogar die Stimmenmehrheit in DW verloren, wir stehen nicht nur vor diesen Wahlen, sondern es hat sich ergeben, dass vor zwei Monaten zwei Stadträte und der Clubobmann ihr Mandat zurückgelegt haben, neben den zwei Stadträten auch noch der Parteiobmann, dadurch steht die SPÖ an einem Neuanfang. Dieser wird mit der Generalversammlung am 2.4.2006 und der Wahl eines neuen Parteiobmannes abgeschlossen.
rs: Da sind drei Mitglieder der SPÖ DW zurückgetreten, die aus der „ersten Reihe“ sind. Zwei Stadträte und der Parteiobmann haben ein halbes Jahr nach ihrer Angelobung die Begründung in den Medien gegeben, sich mehr um Familie bzw. den Beruf kümmern zu müssen. Halten sie das für sehr glaubwürdig gegenüber dem Wähler?
GE: Ich kann nur eines sagen, dass das rein persönliche Entscheidungen waren, sowohl bei SR Ottahal, SR Jarmer, der aller Wahrscheinlichkeit nach den Pensionistenverband übernehmen wird, und auch bei Parteiobmann Nikitscher gibt es berufliche und private Neuerungen.
Dass die von ihnen eingeschlagenen Linien vielleicht nicht von allen mitgetragen worden sind, ist etwas anderes.
rs: Man könnte also in der gegenwärtigen Situation der SPÖ DW von einer Art Selbstfindungsphase sprechen?
GE: Wenn man bedenkt, dass die komplette Parteispitze zurückgetreten ist, dass bis auf zwei, drei Leute niemand da ist, der längere Zeit in der Politik tätig ist, dann ist das eine Selbstfindungsphase, die in meinen Augen ja nicht schlecht ist. Es muss nicht alles Neue gut oder schlecht sein. Der Wähler hat uns gesagt, dass die Linie, die die SPÖ eingeschlagen hat, nicht die Richtige war. Wir müssen jetzt schauen, dass wir die richtige Linie finden.
Was gibt es Neues?
rs: Wenn wir einen Blick auf das vergangene Jahr werfen, seit dem Ausgang der letzten Wahl: Wie beurteilen sie die Arbeit der Regierung?
GE: Ich kann nicht viel beurteilen, weil nichts da ist.
rs: Die Frage war konkret nach der Regierungsarbeit, weil ja in der Regierung auch die SPÖ vertreten ist.
Ge: Nehmen wir das Beispiel Stadtrat: SR Schilhart hat keine Chance, einen neuen Leichenwagen anzuschaffen, weil er von Schwarz und Grün boykottiert wird. Die haben die Mehrheit in den Ausschüssen und im Stadtrat: Anscheinend darf es kein Stern (Anm.: Mercedes) sein, da geht es um angeblich € 30.000,-. Wenn man es genau rechnet, geht es nicht um € 30.000,- sondern vielleicht um € 2.000,-.
Ich habe es gut, ich bin erst kurz Gesundheitsstadtrat, in diesem Ressort kann man nicht viel boykottieren. Die Ideen, die momentan geboren wurden, mit Ärztezentrum usw., die zu boykottieren käme bei der Bevölkerung nicht gut an. Jetzt sind in kürzester Zeit drei neue Ärzte gekommen, die die Zusammenarbeit mit Dr. Benesch aufgenommen haben. Auch der Gesundheitstag, der sicher nicht meine Erfindung ist, wird weitergeführt.
rs: Sie sagen, sie haben keine Veränderungen entdeckt. Wir brauchen ja nur den neuen Gemeinderat anschauen: Da ist eine neue Stadträtin für Stadtentwicklung und Marketing, Gebührenerhöhungen, die stark kritisiert wurden, der Ausbau des vierten Astes und damit verbundene Ansiedlungen neuer Betriebe – auch wenn die vorher schon Thema waren.
Ge: Man kann viele Wörter erfinden.
rs: Der Stadtratposten ist neu, das hat es vorher nicht gegeben. Das Stadtfest war eine neue Idee.
Ge: Das hat es alles schon gegeben: Das Stadtfest hat es gegeben.
Das hieß anders, es hieß vorher: „10 Jahre“, oder „20 Jahre“ oder „30 Jahre Deutsch Wagram“. Auch das Kürbisfest hat es früher in DW gegeben. Es hat Feste gegeben, jetzt hat man halt einen neuen Namen dafür.
Auch der Stadtrat für Marketing, früher hat das vielleicht anders geheißen.
rs: Was ist mit der Arbeit des KDZ, Fragebögen an die Bürger zur Erhebung zwecks Effizienzsteigerung der Arbeit des Gemeindeamtes?
Ge: Na ja, das kostet aber auch ganz schön viel Geld.
rs: Ist das nichts Neues?
Ge: O.K., sagen wir es ist etwas Neues. Für mich ist es schon ein wenig fragwürdig, ..
rs: Sie meinen die Kosten – Nutzen Rechnung..
Ge: …die Bevölkerung weiß sehr gut, dass unsere Leute im Stadtamt sehr gut arbeiten. Fragwürdig ist, wenn man zehntausende Euro ausgibt für etwas, das ich ohnehin weiß. Ich glaube, dass diese Marketing Firma nicht notwendig war.
rs: Möglicherweise hat man den Gedanken der Plus Minus Aktion aus dem Wahlkampf hier fortführen wollen, mit dem die ÖVP großen Erfolg hatte. Es ist ja durchaus legitim, diese Vorgangsweise auf Gemeindeebene fort zu setzen und - mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet - die Erkenntnisse daraus umzusetzen.
Ge: Bei dieser Plus Minus Aktion ist genau das heraus gekommen, was die ÖVP wollte.
rs: Aber bei dem Plus Minus Kongress waren auch durchaus Mitglieder der SPÖ dabei…
Ge: Ich will ja nicht sagen, dass alle Ideen der Schwarzen und der Grünen nur schlecht sind. Da würde ich mich ja Lügen strafen. Im Prinzip sind ja das alles Ideen für DW. Ich bin z. B. ein Fan einer Mehrzweckhalle, auch wenn ich weiß, dass wir es uns nicht leisten können. Mit dem nötigen Geld würde ich auch ein Bad bauen. Nicht nachvollziehbar ist für mich, dass die Grünen in den Wahlkampf gezogen sind mit einem Motto: Keine Tankstelle am vierten Ast, und jetzt bekommen wir das mit den Stimmen der Grünen.
rs: Bei dieser Abstimmung hat aber die VizeBMin einen Gegenantrag eingebracht…
Ge: Ob sie dagegen abgestimmt hat oder nicht, sie wusste, unabhängig davon, es geht trotzdem durch.
rs: Aber so eine Vorgangsweise ist nicht üblich.
Ge: In der Politik kann man vieles lenken.
rs: Sie meinen also, das war punktgenau kalkuliert?
Ge: Man kann vieles machen… z.B. der Spielplatz auf der Kreuzwiese. Man kann kolportieren, der kostet € 10.000,-, ich bin sicher der ganze Platz hat mehr gekostet als die ganze Koksler. Allein, wie viel Arbeitsstunden seitens des Bauhofes da hinein geflossen sind, ich sammle da momentan die Fakten.
Spielplatz Kreuzwiese, Kirchenplatz
rs: Also: Kreuzwiese ja, aber nicht so teuer.
Ge: Genau. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum man die teuersten Spielgeräte nimmt.
rs: Thema Kirchenplatz..
Ge: Ist für mich nicht nachvollziehbar.
rs: Zur Klärung: Da gab es eine Jury, die die Vergabe an einen der drei Bewerber beschließen sollte. Sie sind Mitglied dieser Jury?
Ge: Ja. Ich habe nur 2 Sitzungen versäumt, weil ich verhindert war. Bei der Hauptabstimmungssitzung war ich nicht anwesend. Ich glaube, dass es schon vorher bestimmt war, wer es bekommt, und sehe es nicht ein, dass ein Platz, der z. Z. als Parkplatz genützt wird der Sanierung kaputter Straßen am Helmahof vorgezogen wird. Dieser Platz ist nicht dringend notwendig. Der Kirchenplatz ist ein reines Prestigeobjekt dieser jetzigen Regierung.
In der Hausfeldstraße, ich bin selbst Anrainer, gehen wir unter im Wasser. SR Diettrich hat die Notwendigkeit der Sanierung bestätigt, angeblich wird es jetzt im Frühjahr gemacht. Allerdings sind in den letzen vier Jahren sechs neue Häuser in der Hausfeldstrasse dazugebaut worden, daher ist es verständlich, dass bis jetzt nichts geschehen ist.
Beim Kirchenplatz als Prestigeobjekt kommt die Verbundenheit des BM und anderer Mandatare der ÖVP mit der Kirche zum Ausdruck.
rs: Das war ja im Wahlkampf schon ein Thema, aber in ganz anderer Hinsicht…
Ge: Diese Vorgangsweise, das ist etwas, das lehne ich total ab. Außerdem möchte ich betonen, ich bin praktizierender und eingeschriebener Katholik, ich zahle also Kirchensteuer, und ich bin auch ein gläubiger Mensch.
Hier wird aber ein Prestigeobjekt durchgeboxt.
rs: Wie sehen sie den Umstand der City Radroute über den Kirchenplatz?
Ge: Ich bin absoluter Gegner dieses Cityradweges über den Kirchenplatz. Mit meinen 32 Jahren Erfahrung als Polizeibeamter kann ich ihnen sagen (ich hoffe, ich werde Lügen gestraft): Es wird dort die schwierigsten Probleme geben. Wenn Kinder mit Radfahrern dort zusammenkommen, gibt es irgendwann ein Problem. Ich bin absolut dagegen, weil er ja auch nichts bringt. Eine Kirche kann ich mir auch anschauen, wenn ich vorbei fahre.
Thema Verkehr, Arbeitsplätze
rs: Bleiben wir beim Thema Verkehr: Großes Thema ist die Umfahrung von DW, sog. Marchfeldschnellstraße, Marchfeldautobahn. Wie ist da ihre Position, die Position der SPÖ?
Ge: Vor kurzem haben wir eine Aussendung gemacht, zu der stehen wir, nämlich die Umfahrung Marchfeldschnellstraße, Rückbauung der B 8, und Anbindung des Mistelbacher Verkehrs, also von Bockfließ an die S1.
rs: Sehen sie da einen gewissen Konsens mit der ÖVP?
Ge: Ich glaube, da sind wir einer Meinung. Darin liegt auch meine politische Einstellung: Ein halbes Jahr vor der Wahl ist Wahlkampf, ab dem ersten Tag nach der Wahl stehen alle im Dienst der Deutsch Wagramer! Es ist wichtig, mit den anderen Parteien zu verhandeln, zu streiten, aber das Wichtigste ist, für DW da zu sein, auch wenn dabei gute Iden der anderen anerkannt werden.
rs: Zentrales Thema für die SPÖ muss die Arbeitsplatzsituation sein. Wie sehen sie die Entwicklung im Bereich gegenüber der Firma Merkur, wo Betriebe angesiedelt werden, den Ausbau des vierten Astes?
Ge: Die Bausperre bedeutet für mich eine Verzögerung von mindestens einem Jahr. Dies ist nicht mehr aufzuholen.
rs: Lidl kommt sowieso, andere auch, also kommen doch Betriebe, was von der SPÖ oft im GR angezweifelt worden.
Ge: Die Firma Vock und Seiter kam aufgrund von Druck seitens der SPÖ! Das Verkehrskonzept war auch schon da, nicht perfekt, aber gut.
Die Medien
rs: Eine Frage zum Thema Medien. Wie wichtig ist einer Partei eine eigene Homepage?
Ge: Ich dachte nie, wie wichtig das ist. Mittlerweile habe ich einen eigenen Laptop, einen eigenen Internet Anschluss…
rs: Wie lange gibt es die neue Homepage der SPÖ DW in dieser Form schon?
Ge: Nicht länger als einen Monat. Man braucht aber immer einen Profi, der sie betreut.
rs: Einige Fragen zum Schluss: Wie sehen sie die Zusammenarbeit zwischen ÖVP und Grünen?
Ge: Zwangsehe – ich glaube nicht, dass die glücklich sind miteinander.
Die Zukunft
rs: Schwerpunkte in der SPÖ Arbeit in der Zukunft?
Ge: Arbeitsplätze, Jugendbetreuung (Ich bin gegen die Kontainerlösung!) Früher kannte in DW jeder jeden, das ist heute nicht mehr so. Kontainerlösung ist für eine 8.000 EW Gemeinde einfach nicht genug.
rs: Gibt es dazu von der SPÖ keine konkrete Idee?
Ge: Geben sie mir 2 Mill. Euro und ich wüsste die Idee. Es scheitert nur am Geld.
rs: Wenn sie ein neues Jugendzentrum bauen könnten, wo würden sie es ansiedeln?
Ge: Am Schnellbahnhof Helmahof, neben dem Parkplatz.
rs: Noch ein Schwerpunkt?
Ge: Das Ärztezentrum.
rs: Haben sie ein politisches Motto ihrer Arbeit?
Ge: In die Bevölkerung hineinhören. Feste organisieren wird zuwenig sein.
rs: Danke für das Gespräch.
SFDW, 060304
Die Vollversion des Interviews erhalten sie per mail an: rsh@gmx.at.
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