Ein Jahr danach: BM Quirgst (ÖVP) im Interview

F. Quirgst, seit 1 Jahr Buergermeister von Deutsch Wagram

Wie sieht es in der Gemeinde ein Jahr nach der Wahl aus. Welche Veränderungen kamen auf die Bevölkerung zu, wie weit wurde das Arbeitsübereinkommen mit den Grünen realisiert?
Weiters kommen Marchfeldschnellstraße, KDZ, Betriebsansiedlungen und die Umgestaltung des Kirchenplatzes zur Sprache.
Mit dem Bürgermeister sprach R. Sieberth.

Rs: Hr. Bürgermeister, danke, dass sie sich Zeit nehmen für ein Interview. Das Stadtfernsehen befragt Politiker aller Parteien zur Situation in Deutsch Wagram, ein Jahr nach der Wahl. Wie groß war für sie die Umstellung vom Gemeinderat zum Bürgermeister?

BM Qu: Natürlich ist die Arbeitsintensität deutlich gestiegen, es hat auch eine berufliche Änderung bewirkt, sodass ich meinen Zivilberuf zurückgeschraubt habe. Insofern war der Unterschied doch sehr deutlich.

Politische Erfahrung, Arbeitsübereinkommen mit den Grünen

Rs: Es fällt auf, dass sowohl Bürgermeister (BM) als auch Vizebürgermeisterin (VBM) vorher Mitglied im Gemeinderat (GR) aber nicht Stadtrat bzw. Stadträtin waren. Sehen sie darin einen Nachteil?

FQ: Ich sehe darin keinen Nachteil, ich bin soweit mit den Gepflogenheiten in der Gemeinde vertraut gewesen, jetzt nach einem Jahr Einarbeitung ist da überhaupt kein Problem, insbesondere auch, da ich ja vorher Partei- und Clubobmann war. Als Clubobmann war ich natürlich mit allen Fragen, die die Gemeinde betroffen haben, beschäftigt. Ein Stadtrat hat ein Ressort, das eine bestimmte Aufgabe erfüllt, als Clubobmann ist man in die gesamte Gemeindepolitik - ähnlich wie der BM – involviert und muss sich dazu Gedanken machen, eine Position finden.

Rs: Lassen wir die Entwicklungen vor und nach der Wahl kurz Revue passieren: Die ÖVP hat einen sehr positiv besetzten Wahlkampf über die Bühne gebracht gegen eine SPÖ, die ein Parteiprogramm aus Deutschland kopiert, sich das „Betreubare Wohnen“ an ihre Fahnen heftet, eine Schmutzkampagne gegen ihre Person inszeniert. Nach dem sehr eindeutigen Votum der Wähler wird der GR in seinen ersten Sitzungen von der SPÖ mit Dringlichkeitsanträgen überhäuft, zu guter Letzt ein Misstrauensantrag gegen sie gestellt, der im Sande verläuft. Schließlich treten drei SP-Granden zurück.
Ist die ÖVP DW auf dem Weg zur absoluten Mehrheit?

FQ: Die ÖVP DW ist im Moment sicherlich die bestimmende Kraft in Deutsch Wagram, die DW wirklich mit Umsicht führt, aber der Weg zur absoluten Mehrheit ist weit. Wir haben bei der letzten Wahl sehr viel dazu gewonnen, das zu halten und leicht auszubauen ist unser Ziel. Die nächste Wahl ist in vier Jahren, hier etwas zu sagen ist sicherlich verfrüht.

Rs: Der kleinere Partner in so einer Zusammenarbeit läuft oft Gefahr, vom Größeren erdrückt zu werden. Dafür gibt es im politischen Leben genug Beispiele. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Grünen. Steuert das Schiff „Schwarz-Grün“ auf ruhiger See mit voller Kraft voraus?

FQ: Wir sind sicher mit voller Kraft voraus unterwegs, es gibt aber auch in zwei unterschiedlichen Parteien Meinungsverschiedenheiten, die man ausdiskutieren muss. Dass die Grünen hier vereinnahmt werden, kann ich nicht sehen, denn sie haben doch sehr viele wichtige Positionen besetzt, die auch durchaus medienträchtig sind. Die Fr. VBM hat sehr viele Kompetenzen, sie haben den Kulturstadtrat, den Umweltgemeinderat, den Vorsitz im Prüfungsausschuss – also im Verhältnis von allen Parteien den größten Prozentsatz an zusätzlichen Funktionsträgern.

Rs: Ein kleines Detail aus der jüngsten Vergangenheit: Im Arbeitsübereinkommen (AÜ) zwischen ÖVP und Grünen stand, es geht um mehr Präsenz von BM und VBM. Am vergangenen (Ascher-) Mittwoch waren ihre Sprechstunden abgesagt, wäre es nicht möglich gewesen, dass die VBMin sie vertritt?

FQ: Ich glaube, die Präsenz am Stadtamt sowohl seitens der VBMin als auch insbesondere von meiner Person ist sehr, sehr hoch - gegenüber meinem Vorgänger wahrscheinlich ein Mehrfaches an Wochenstunden. Wenn einmal in einer besonderen Situation die Sprechstunde ausfällt, sollte man das nicht überbewerten.

Rs: Im AÜ steht auch, dass einmal pro Jahr eine gemeinsame Pressekonferenz stattfindet. Wann wird es da die erste geben?

FQ: Es hat schon eine gegeben zur Finanzsituation von DW, im Mai vorigen Jahres, wenn ich mich richtig erinnere. Heute ist Jahrestag der Wahl, also noch kein ganzes Jahr seit meiner Wahl zum BM.

Neugestaltung Kirchenplatz, City Radroute

Rs: Die Pressekonferenz zur finanziellen Situation, darauf kommen wir noch. So wie es im AÜ steht, ist davon auszugehen, dass es eine Pressekonferenz nicht unbedingt zu einem speziellen Thema gibt, sondern zu allen Bereichen des politischen Alltags.
Es steht auch im AÜ, dass die Bevölkerung bei Entscheidungen eingebunden werden soll, speziell und ausdrücklich bei der Neugestaltung des Kirchenplatzes. Inwieweit hat da die Einbindung der Bevölkerung schon stattgefunden? Oder kommt sie noch?

FQ: Die Einbindung ist dadurch erfolgt, dass man sich mit Mitgliedern des Pfarrgemeinderates, des Gemeinderates und der Bevölkerung zusammengesetzt hat, hier wurden über die politischen Grenzen hinaus Leute mit eingebunden. Die Pläne wurden öffentlich beim Stadtrundgang präsentiert. Hier konnten die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung abgeben, und ein Monat lang waren sie am Stadtamt ausgehängt. Hier war die Möglichkeit der Bürgerinnen und Bürger, Stellungnahmen abzugeben. Es sind aber kaum solche eingelangt, sodass wir davon ausgehen konnten, dass die vorgestellten Pläne und die Vorgangsweise auf große Akzeptanz in der Bevölkerung stoßen.

Rs: In der Jury für die Zuteilung waren Mitglieder des GR, des Pfarrgemeinderates. Darüber hinaus hätte jeder daran teilnehmen können?

FQ: Es hätte nicht jeder daran teilnehmen können, das ist richtig. Aber es hat für jeden die Möglichkeit bestanden, Ideen und Wünsche mit einzubringen durch die öffentliche Präsentation.

Rs: Das SFDW hat in seinem Bericht über den Stadtrundgang (Anm: 26.10.2005), alle drei Pläne auch veröffentlicht.
Seitens der SPÖ gab es massive Bedenken zur Sicherheit der Cityradroute durch die Kirchengasse, die teilen sie nicht?

FQ: Natürlich möchte man einen Radweg möglichst sicher machen, allerdings muss man auch die Kosten im Auge haben. Einen Radweg an der Kirchengasse vorbei zu führen, wäre sehr kostenintensiv geworden. Wir haben möglichst viele Verbesserungen angestrebt für die City Radroute, insbesondere dass die Kirchengasse verbreitert wird. Auf der Allee ist ein bestehender Radweg, vorbei an Volks- und Hauptschule. Da hat es bisher noch kein Problem gegeben. So hoffe ich und denke, dass auch die Kirchengasse mit der Verbreiterung und den Verbesserungen, die wir zusätzlich gemacht haben, doch entsprechend sicher sein sollte.

Rs: Die von ihnen angesprochenen zu teuren Alternativen hätten eine Verlegung über das Hebewerk bedeutet, also auf der anderen Seite des Pfarrhauses?

FQ: Ja.

Rs: Die Alternative: Rohrergasse – Schubertgasse - auf der Heide - Allee war nicht angedacht?

FQ: Die wurde schon angedacht, ist aber auch verkehrstechnisch problematisch, insbesondere die Ecke Schubertgasse - Rohrergasse ist sehr eng und unübersichtlich.

Zusammenarbeit mit dem Land NÖ, Finanzen

Rs: Sie sind BM, aufgestellt von der ÖVP. Es liegt nahe, dass es hier eine gewisse Verbindung mit der Landespartei gibt. Welche Rolle spielt die ÖVP NÖ zurzeit, gibt es da Einfluss auf ihre Arbeit?

FQ: Wir sind in DW eine selbständige Partei. Die ÖVP NÖ ist sicher eine Landespartei, die mehr als herzeigbar ist, wirklich sehr, sehr viel in diesem Land und für dieses Land bewirkt. Wir haben als Stadtgemeinde eine sehr gute Zusammenarbeit mir dem Land NÖ.

Politische Arbeit als Dienst am Buerger

Rs: Stichwort Sprachkompetenzzentrum (SKZ): Die Entscheidung für DW wurde auf Landesebene getroffen. Hier in DW kommt ein Zentrum der Verwaltung, die Kurse selbst werden in mehreren Grenzregionen abgehalten.

FQ: So ist es.

Rs: Gibt es einen Termin für die Eröffnung?

FQ: Die Arbeit im SKZ hat bereits begonnen, die öffentliche Präsentation wird von der Landesakademie aus festgelegt bzw. vom Büro der zuständigen Landesrätin Mikl-Leitner.
Was die Zusammenarbeit mit dem Land betrifft, sie funktioniert wesentlich besser als unter meinen Vorgängern, wir hatten auch einen Termin bei LH Pröll mit einem Bündel von Wünschen und Ideen für DW. Einiges davon haben wir erreicht, u. a. wollten wir auch Landesinstitutionen nach DW bringen. Mit dem SKZ ist hier ein erster Schritt getan.

Rs: Auch die Finanzierung des Kirchenplatzes erfolgt zu einem Großteil vom Land.

FQ: So ist es.

Rs: Stichwort Finanzen: Es gab bald nach der Wahl eine Pressekonferenz nach einer Prüfung durch das Land, welche die finanzielle Situation der Gemeinde nicht sehr rosig beschrieben hatte. Die Folge war eine Gebührenerhöhung. Trotz dieser Maßnahme liegt DW im Vergleich mit anderen Gemeinden noch nicht besonders schlecht. Wird es in Zukunft noch weitere Hiobsbotschaften bezüglich der Finanzen geben?

FQ: Es gab nach der Pressekonferenz intern sehr wohl noch weitere Hiobsbotschaften, wir haben das nicht nach außen kommuniziert. Da gab es ungelegte Rechnungen in einer Größenordnung von über ½ Million Euro. Damit hatten wir nicht gerechnet, das mussten wir im vergangenen Jahr verkraften. Wir haben zusätzlich zu den notwendigen Gebührenerhöhungen auch einen Nachtragsvoranschlag gemacht, wo wir auch den Sparstift angesetzt haben, insbesondere im außerordentlichen Haushalt, indem Projekte zurückgenommen wurden. Hier sind wir sicher auf einem guten Kurs. Ich hoffe, dass wir mit den Gebührenerhöhungen das Auslangen finden. Ich möchte aber in anderer Richtung auch anmerken, dass wir Gebühren gesenkt haben. Das betrifft z.B. die Hortbeiträge.

Die Rolle der neuen Medien

Rs: Ein anderes Thema: Die neuen Medien spielen eine wichtige Rolle. Die ÖVP hat auch eine neue Homepage. Wenn man die durchsieht, erfährt man auf der Startseite in kurzen Berichten vieles über die Arbeit in der Gemeinde. Dabei fällt auf, dass ca. die Hälfte der Beiträge von Fr. SR Böckl sind. Man sagt immer: „Hinter einem starken Mann steht auch eine starke Frau.“ Sehen sie das so? Ist Fr. SR Böckl ihre rechte Hand?

FQ: Sie ist sicher eine starke Frau, das ist auch durch ihre Funktion als Clubobfrau gegeben. Sie organisiert auch parteiintern sehr viel, ihre Arbeit bedeutet eine wichtige Unterstützung und Entlastung für meine Arbeit.

Rs: Sie leitete früher die Junge ÖVP, seit wann ist sie Clubobfrau der ÖVP DW?

FQ: Als Bürgermeister habe ich nach der Wahl das Amt des Clubobmannes natürlich zurückgelegt. Seit der konstituierenden Sitzung des neuen Gemeinderates ist sie Clubobfrau der ÖVP DW. Ihre Obmannschaft bei der JVP hat sie mittlerweile in jüngere Hände gelegt. Ich denke, dass wir als VP DW ganz gut aufgestellt sind.

Selbstverständnis als Bürgermeister

Rs: Zu ihrem Selbstverständnis als BM. Sie haben bei der konstituierenden Sitzung in einem Zitat deutlich christliche Züge anklingen lassen, sie wollen „ein Diener aller“ sein. Sehen sie sich als Diener? Wie beurteilen sie überhaupt das Verhältnis von Politik und Kirche?

FQ: Ich meine das nach wie vor ernst. Ich denke, dass gerade auch meine intensive Präsenz am Stadtamt dies zum Ausdruck bringen soll, viel in und für diese Stadt zu arbeiten. Ich hoffe, dass die Deutsch Wagramerinnen und Deutsch Wagramer das auch so empfinden.
Zum Verhältnis Politik und Kirche: Ich würde mich selbst als religiösen Menschen sehen. Politik und Kirche muss man natürlich auseinander halten. Das sind zwei unterschiedliche Bereiche mit unterschiedlichen Aufgaben, die sie entsprechend wahrnehmen. Es kann gegenseitige Befruchtung geben, aber nicht mehr.

Rs: Wenn sie rückblickend auf dieses Jahr schauen, was zählen sie zu ihren wichtigsten Erfahrungen?

FQ: Ich muss sagen, dass doch sehr, sehr viele Menschen deutliche Veränderungen bemerkt haben, welche die Stadtgemeinde betreffen und insbesondere hier am Stadtamt vom BM ausgehen. Ich habe auch bemerkt, dass sehr viele Menschen viel Hoffnung mit dem Wechsel verbunden haben. Diese Menschen möchte ich nicht enttäuschen.

Politische Praxis – Neuerungen in DW

Rs: Die Praxis der politischen Arbeit im Konkreten: Was sind die wichtigsten Neuerungen in DW? Da gibt es z.B. ein Kraftwerk, das Strom erzeugen soll, ist das schon in Funktion?

FQ: Das ist noch nicht in Funktion, es wird in den nächsten Tagen eingebaut werden und in den nächsten Wochen in Funktion treten. Das ging aber auf die Initiativer der Marchfeldkanalgesellschaft zurück. Als Stadtgemeinde sind wir über innovative Projekte sehr froh und unterstützen die auch nach Möglichkeit.

Rs: Es gibt eine Firma: KDZ. Könne sie deren Arbeit erläutern?

FQ: Wir haben diese Firma engagiert, um die Verwaltung bürgerfreundlicher, effizienter, auch kompetenter zu machen. Es sollen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das tun, was ihnen liegt, was ihnen Spaß macht, weil dort werden sie auch etwas für die Deutsch Wagramerinnen und Deutsch Wagramer weiterbringen und selbst Befriedigung haben. Das KDZ durchleuchtet die Abläufe im Stadtamt, die haben das schon in vielen anderen Gemeinden gemacht, wir erwarten uns hier wichtige und gute Impulse.

Rs: Die SPÖ, SR Ewald meinte im Interview, es wird sehr viel Geld ausgegeben dafür, dass man erfährt, was man ohnehin schon weiß: nämlich, dass im Stadtamt hervorragende Arbeit geleistet wird. Es ist nicht anzunehmen, dass mit der Beauftragung des KDZ zum Ausdruck kommen soll, dass schlecht gearbeitet wird? Kann man das in Zeiten der Sparmaßnahmen guten Gewissens vertreten?

FQ: Ich konnte mich im letzten Jahr davon überzeugen, dass im Stadtamt sehr gut gearbeitet wird, aber: Wenn man stehen bleibt, heißt das, dass man zurückfällt, und wir wollen uns weiter verbessern. Dennoch sind Doppelgleisigkeiten im Sinne der Effizienzsteigerung zu vermeiden und das Service zu verbessern.

Neuer Gemeindejurist

Rs: In der neuesten Ausgabe der Gemeindezeitung ist auch eine Ausschreibung für einen Gemeindejuristen. Was bedeutet das?

FQ: Der Hintergrund ist, dass Mag. Schmid um eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses mit Mitte des Jahres angesucht hat und wir daher einen Nachfolger für ihn suchen. Auf der Homepage und am Aushang steht mittlerweile eine genauere Stellenbeschreibung.

Jugend in DW

Rs: Thema Jugendarbeit: Hier gibt es Streetworker, das ist sehr stark von den Grünen initiiert und propagiert worden. Man hat am Marktplatz mit viel Engagement und finanzieller Unterstützung der Gemeinde Räume adaptiert. Die Streetworkerinnen sollen in Kürze in Container am Schulsportgelände übersiedeln. Kann man das guten Gewissens vertreten, auch wenn die Räume am Marktplatz nur kurz genützt werden? Die Container sind ja auch keine endgültige Lösung.

FQ: Das hat vielen unter den Nägeln gebrannt, wir wollten hier kein Jahr verlieren, deswegen haben wir im Vorjahr noch begonnen. Wir haben die leer stehenden Geschäfte am Marktplatz dafür revitalisiert. Es ist richtig, dass es hier sehr viel Engagement auch von den Jugendlichen und den Streetworkerinnen gab. Wir stehen wirklich dahinter. Vertretbar ist es insofern, da wir auch schon Anfragen haben für die Zeit danach, wenn die Jugendlichen eine andere Unterkunft finden. Da wird es eine Nachnutzung als Schauräume oder Büros geben. Das sagt aber nichts darüber aus, wie es insgesamt mit dem Ensemble am Marktplatz weitergeht.

Rs: Wie glücklich sind sie mit der Containerlösung?

FQ: Es wird derzeit auch nach anderen Lösungen gesucht. Die Aufbereitung überlasse ich dem zuständigen Ausschuss, der sehr, sehr intensiv an der Sache dran ist.

ÖBB

Rs: Ein großer Vorteil von DW ist die Anbindung an die Bahn. Die Eröffnung des Wartesaals wird in der Gemeindezeitung auf der Titelseite propagiert. Wie realistisch ist das Vorhaben aus dem AÜ, die 100er Zone bis nach DW auszuweiten?

FQ: Es gibt Optionen und Strategien im Rahmen des regionalen Entwicklungskonzeptes gemeinsam mit Wien. Hier gibt es grenzüberschreitende Kontakte und Zusammenarbeit. Gerade zu diesem Punkt findet am kommenden Montag (Anm.: 13.3.06) eine Besprechung statt. Hier sitzt auch die Bezirksvorstehung des 21. und 22. Bezirkes mit am Tisch, der BM von Gerasdorf ist dabei und hier werden wir versuchen, Verbesserungen für DW zu erreichen. Uns war von Anfang an klar, dass das nicht einfach ist.

Rs: Gibt es da einen Zeitraum für eventuelle Realisierungen?

FQ: Verhandlungen mit den ÖBB in diesem Bereich gestalten sich oft sehr schwierig, hier etwas anzugeben wäre unseriös. Eine andere mögliche Variante ist, dass die Zonengrenze zwar bestehen bleibt, aber der Preisunterschied halbiert oder wenigstens deutlich verringert wird. Das wäre eine sinngemäße Umsetzung dieses Punktes aus dem AÜ. Das muss aber im Kontext mit anderen Gemeinden im Umfeld von Wien erfolgen, wo es ähnliche Bestrebungen gibt.

Verkehr

Rs: Stichwort Verkehr: Die ÖVP befürwortet zusammen mit den großen Parteien der anderen Gemeinden den Bau der Marchfeldschnellstraße. Seitens der Grünen gibt es massive Bedenken, Gegenargumente. Mit welchen Standpunkten favorisieren sie die Marchfeldschnellstraße?

FQ: Sie ist eine deutliche Verkehrsentlastung für DW, denn wir haben derzeit auf der B8 weit über 20.000 Fahrzeuge täglich. Bisher haben wir, so denke ich, ganz gut verhandelt, deutlich mehr erreicht, als ursprünglich im ersten Entwurf vorgesehen war. Es soll zusätzlich zum Anschlusspunkt an der B8 gleich nach Strasshof ein weiterer an der Parbasdorfer Straße kommen, es soll auch eine Verbindung kommen, von der Bockfließer Strasse zur B8, damit auch die Bewohner am Helmahof hier ein Entlastung erfahren, und zwar im Gemeindegebiet von Bockfließ. Die Trasse soll an die Gemeindegrenze verschoben werden, sodass hier ca. 1 km Abstand zum verbauten Gebiet ist. Das sind deutliche Verbesserungen für DW.
Andererseits denke ich, dass die beiden nähest liegenden Hauptstädte in Europa eine leistungsfähige Verbindung brauchen.
Ich befürchte, einzelne Ortsumfahrungen kommen nicht zustande, weil hier die Trassenfindung und –führung sowie die Bezahlung wesentlich schwieriger wird als in einem übergeordneten Projekt. Da kann man auch nicht an die Gemeindegrenzen gehen, weil sie nicht angenommen werden. Und 10 Jahre später wäre der Ruf nach einer leistungsfähigen Verbindung dennoch da.
Ich möchte das jetzige Projekt optimieren, um zu einer deutlichen Entlastung zu kommen und wirtschaftliche Belebung zu erreichen.

Rs: Jemand, der am Helmahof sein Haus gebaut hat, wird zeitweise, bei entsprechendem Wind vom Lärm der Bahn sehr beeinträchtigt. Denkt man bei der Anbindung an die Bockfließer Straße auch an Lärmschutzmaßnahmen?

FQ: Natürlich. Diese Verbindung zur B8 muss natürlich abgeschirmt werden. Man muss aber auch Folgendes im Auge haben: Der Stop & Go Verkehr an der B8 derzeit – da fahren 20.000 Fahrzeuge wenige Meter neben der Häuserzeile vorbei.

Neue Betriebe

FQ: Thema Wirtschaft: Beim Kreisverkehr, 4. Ast, kommen einige Veränderungen – eine Tankstelle, ein Autohaus. Seitens der SPÖ wurde das Ausbleiben des Pennymarktes kritisiert. Auf der anderen Seite kommt die Fa. Lidl, eine ganze Reihe anderer Geschäfte gegenüber der Fa. Merkur. Manche dieser Arbeitsplätze sind aber nicht gerade qualitativ hoch stehend, die Löhne niedrig, die Arbeitszeit sehr hoch, Arbeitnehmervertretungen nicht gerne gesehen. Wo ist für sie die Priorität: Arbeitsplätze um jeden Preis, auch wenn die Bedingungen gerade für z. B. Alleinerziehende oft fast unerträglich sind, mit der Gefahr baldiger Abwanderungen wie bei KIK in Strasshof? Oder soll man im Sinne der Nachhaltigkeit zuerst auf die Qualität neuer Arbeitplätze schauen, auch wenn es dann länger dauert mit Betriebsansiedlungen?

FQ: Der Penny Markt wurde scheinbar von meinem Vorgänger angedacht, aber von den Betreibern wieder zurückgezogen. Das ganze Projekt hat sich zerschlagen, es war noch nicht ausverhandelt. Es gab Absichten aber keine definitiven Zusagen.
Was den Lidl Markt betrifft, da gab es vor meiner Zeit Verträge über gewerbe- und baurechtliche Bewilligungen, sodass hier meine Einflussnahme gering ist.
Uns ist gelungen, die Fa. Vock & Seiter nach DW zu bekommen, das werden ca. 25 Arbeitsplätze sein. Hier sollten auch die Arbeitsbedingungen passen. Wichtig ist die breitere Streuung von Arbeitsplätzen. Nur mit Arbeitsplätzen im Supermarkt wäre uns nicht gedient, aber es soll auch eine zweite Apotheke hinkommen, auch das sind höher qualifizierte Arbeitsplätze. Auch ein Libro soll kommen, damit füllen wir eine Lücke in der Versorgung, darüber bin ich sehr froh. Auch ein „Turbo Schuh“ soll kommen. Ebenso bietet das Sprachkompetenzzentrum einige qualifizierte Arbeitsplätze.

Rs: Sie stehen auch zur Verhängung eines Baustopps und seiner teilweisen Aufhebung zur Betriebsansiedlung?! Das wurde seitens der SPÖ stark kritisiert.

FQ: Sicher, das war sehr sinnvoll. Genau dadurch hat sich die Gemeinde ins Spiel gebracht, hat eine wesentlich bessere Position bei den Verhandlungen gegenüber den sich ansiedelnden Firmen. Wir heben die Bausperre nur unter bestimmten Voraussetzungen auf. Sonst wird das Gewerbe- und Bauverfahren von der BH durchgeführt, da würde die Gemeinde im Abseits stehen. Hier haben wir unsere Position deutlich verstärkt. Ich möchte mich hier nach wie vor aktiv einschalten.

Weitere Projekte

Rs: Gibt es im Übrigen noch Projekte, die sie in naher oder ferner Zukunft angehen wollen?

FQ: Schon bekannt ist das „Betreubare Wohnen“, hier wird es heuer einen Spatenstich geben. Hier können ältere Menschen in einer Mietwohnung leben und bei Bedarf auf medizinische und pflegerische Hilfe zurückgreifen.

Rs: Also quasi ein Subsidiaritätsprinzip im sozialen Bereich.

FQ: So kann man sagen.

EU Volksbegehren

Rs: Aus aktuellem Anlass sei eine Frage gestellt, die über die Gemeindegrenzen hinweggeht: Das Volksbegehren der FPÖ, von Dr. Strache: „Österreich bleib frei“. Können sie kurz ihre Position dazu sagen? Werden sie das unterschreiben?

FQW: Ich werde dieses Volksbegehren nicht unterschreiben. Meine Position ist, dass vieles in der EU anders laufen soll und muss als es derzeit der Fall ist. Ich denke, dass hier das vorher angesprochene Subsidiaritätsprinzip verstärkt werden muss. In der Vertretung nach außen oder dem steuerlichen Abgleich zwischen den Staaten soll die EU mehr Kompetenzen erhalten. In anderen Bereichen sollte die Eigenstaatlichkeit, das föderale Prinzip mehr gefördert werden. Österreich hat mit der Sozialpartnerschaft der EU einiges zu geben. Dieses Modell sollte in Europa verstärkt Anwendung finden wie auch die ökosoziale Marktwirtschaft.

Rs: Aber ein Volksbegehren wie dieses ist nicht unbedingt der richtige Weg?

FQ: Das ist in der Art so nicht zielführend. Ich vertraue da auf unseren Bundeskanzler, Dr. Schüssel, hier im Vorsitz der EU vieles unterzubringen, die Chance des EU – Vorsitzes zu nützen.

Rs: Abschließende Frage: Haben sie ein persönliches Motto für ihre politische Tätigkeit?

FQ: Ich möchte der erste Diener meiner Heimatstadt Deutsch Wagram sein.

Rs: Hr. Bürgermeister, danke für das Gespräch.

SFDW, 060506

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